Programm der Bürgerliste Goslar für die Wahlperiode
2011 bis 2016

Hier Download des Programms

Abschnitt A:

Wahlziele und Leitlinien der Bürgerliste Goslar für die Kommunalwahl am 11. September 2011

Bundesweit haben Bürgerbewegungen und Bürgerinitiativen in den letzten Jahren und Monaten massiven Zulauf erhalten. Die Menschen vor Ort sind immer weniger bereit, Entscheidungen widerspruchslos hinzunehmen, die ihnen von oben herab verordnet werden. Die Bereitschaft, sich aktiv einzumischen und das Feld nicht einer inhaltlich weitgehend gleichgeschalteten Herrschaft der Parteien zu überlassen, nimmt beständig zu.

In Goslar hat diese Bürgerinitiativbewegung bereits eine lange Tradition. Bürgerinitiative zur Erhaltung des Goslarer Stadtbildes und der Grünanlagen, Aktionsbündnis "Kaisergalerie - so nicht!", Bürgerinitiative "Rettet die Goslarer Bergwiesen", Bürgerinitiative "Hände weg vom Steinberg und Königsberg" und Bürgerinitiative Biomasse- Kraftwerk sind nur einige der Initiativen, die in der Vergangenheit erfolgreich aktiv waren. Alle diese Initiativen haben inhaltlich etwas bewirkt. Kostspielige und umweltbelastende Fehlinvestitionen konnten verhindert werden. Mammutprojekte wurden auf ein für Goslar angepasstes Maß reduziert.

Die Bürgerliste Goslar sieht sich seit ihrer Gründung 2001 als Partner dieser Bürgerbewegungen. Wir arbeiten aktiv in den Initiativen mit, wir versorgen die Betroffenen mit den Hintergrundinformationen aus dem Rat und wir bringen die Anliegen der Betroffenen in die Ratsdebatten ein.

Diese Politik gilt es auch in Zukunft konsequent fortzusetzen und beständig auszubauen. Für die Wahlen zum Stadtrat am 11. September 2011 haben wir die folgenden inhaltlichen Ziele und Leitlinien für unsere Politik verabschiedet:

1. Bürgerbeteiligungsrechte stärken: Das Modell "Bürgerpolitik statt Parteipolitik" ist nur mit der Bürgerliste möglich!

SPD, CDU und FDP haben sich mit einer so genannten Vereinbarung zur interfraktionellen Zusammenarbeit vom 14.12.2010 zu einem politischen Einheitsblock im Rat zusammengeschlossen. Hauptziel ist die Umsetzung einer radikalen Sparpolitik zu Lasten der ehrenamtlich Tätigen und der Kultur- und Sozialpolitik. Für Prestigeobjek-te wie den Ausbau der Fußgängerzone sollen hingegen weiterhin Millionenbeträge fließen. Grüne und Linke unterstützen diese Politik und biedern sich damit als Junior-partner nach der Kommunalwahl an. Auf der Strecke bleiben die Interessen der Bür-gerinnen und Bürger - denn: Egal welche dieser Parteien sie wählen, sie bekommen immer die selbe Politik!

Dieser von Parteiinteressen geprägten Politik setzen wir bewusst das Modell der "Bürgerpolitik" entgegen, weil die Betroffenen selbst am besten wissen, was für sie gut oder schlecht ist. Taktische Spielereien, Koalitionen und Zählgemeinschaften lehnen wir daher konsequent ab. Eine punktuelle Zusammenarbeit ist immer nur anhand konkreter Projekte und Vorhaben denkbar. Das Modell der "Bürgerpolitik" ist mit den Ratsparteien nicht möglich. Es bedarf daher einer starken Ratsfraktion der Bürgerliste, um eine bürgernahe Politik umzusetzen.

2. Bürgerinformation verbessern: Es müssen neue und transparente Wege der Betroffeneninformation beschritten werden!

Der Verwaltungsvorstand, der bis zur Neuwahl eines Oberbürgermeisters im Herbst die Verwaltung leitet, hat eine Abkehr von der "Hinterzimmerpolitik" der beiden letzten hauptamtlichen Verwaltungschefs und eine offene und kommunikative Informationspolitik angekündigt. Die Bürgerliste begrüßt diese Ankündigung, wird aber darauf achten, dass den Worten auch konkrete Taten folgen.

Auf dem Weg zu einer stärkeren Bürgerbeteiligung, die sich nicht nur auf eine Stimmabgabe alle fünf Jahre bei der Kommunalwahl beschränkt, ist eine umfassende Information der Betroffenen im Vorfeld von Ratsentscheidungen zwingende Voraussetzung. Die Instrumente der Bürgerinformation und der direkten Beteiligung sind in Goslar stark unterentwickelt. Die Bürgerliste setzt sich daher für die Einführung und konsequente Weiterentwicklung der andernorts bereits bewährten Elemente der direkten Demokratie ein. Als Beispiele seien hier genannt: thematische Stadtteilversammlungen mit Meinungsbildermittlung, Einführung von Elementen des Bürgerhaushalts, Planungszellen für Großvorhaben und Grundsatzentscheidungen, Runde Tische mit Betroffenen zur Konfliktminimierung.

Neben den klassischen Mitteln der Bürgerinformation sind auch verstärkt die Möglichkeiten des Internets zu nutzen. So ist es beispielsweise nicht hinnehmbar, dass auf der Homepage der Stadt Goslar bis heute keinerlei Grundinformationen zur Haushalts- und Finanzlage der Stadt zu finden sind. Auch eine Darstellung der öffentlich ausgelegten Bebauungspläne im Internet findet nicht statt. Bürgerfreundliche-re Kommunen sind hier weitaus besser aufgestellt.

3. Bürgermeinung im Programm widerspiegeln: Die Programme sind als Diskussionsangebot und nicht als Dogma zu entwickeln!

Neue Formen der Bürgerbeteiligung können nur erfolgreich sein, wenn diejenigen, die sich beteiligen, auch erleben, dass ihr Engagement etwas bewirkt und sich in den Entscheidungen der politischen Gruppierungen und des Rates widerspiegelt. Von den Ratsparteien ist dies nicht zu erwarten, da diese den Programmen ihrer Parteien unterworfen sind und auf kommunaler Ebene nur in den seltensten Fällen den Mut finden, von Parteiideologien abzurücken.

Die Bürgerliste setzt hier bewusst auf ein Gegenmodell. Unsere programmatischen Aussagen verstehen sich als Angebot zur Mitarbeit und Weiterentwicklung. Politischer Dogmatismus und Lobbyismus für einzelne Interessengruppen sind die Feinde bürgernaher Politik. Wir sind bereit, unsere Positionen auf den Prüfstand zu stellen und in einem ständigen Diskussionsprozess zu verändern und fortzuschreiben. Nicht vereinbar mit den programmatischen Zielen der Bürgerliste sind alle Formen rassistischer, faschistischer oder menschenrechtsverachtender Politik. Wir entwickeln unsere Programmatik in der Verantwortung vor dem Recht künftiger Generationen, die Zukunft eigenverantwortlich und selbst bestimmt weiterentwickeln zu können. Dies setzt bereits heute den verantwortungsvollen Umgang mit den begrenzten Ressourcen und der Umwelt voraus.

Die Bürgerinnen und Bürger in den einzelnen Stadtteilen Goslars haben das Recht, über die Entwicklung ihres unmittelbaren Wohn- und Lebensumfeldes selbst entscheiden zu können. Bei Maßnahmen und Programmen, die zusätzliche Kosten verursachen, muss natürlich Rücksicht auf das Gefüge des Gesamthaushalts genommen werden.

Die Ratsvertreter der Bürgerliste setzen es sich zum Ziel, die Wünsche und Vorstellungen der Bürgerinnen und Bürger auf der Beschlussebene umzusetzen. Dabei unterliegen die Fraktionsmitglieder der Bürgerliste keinem Fraktionszwang. Im Falle erklärter und unüberbrückbarer Meinungsunterschiede werden Abstimmungen im Rat freigegeben (freies Mandat).

Zusammenfassung

Die Bürgerliste Goslar setzt auf mehr direkte Beteiligung der Betroffenen an den Entscheidungsprozessen im Rat auf Grundlage einer umfassenden und offenen Informa-tionspolitik. Dieser politische Ansatz unterscheidet sich grundlegend von der parteibuchgeprägten Politik der Ratsparteien. Aus diesem Grund kann eine kurzfristige und punktuelle Kooperation mit den etablierten Ratsparteien nur in begründeten Einzelfällen sinnvoll sein. Auf Dauer angelegte Formen einer institutionalisierten Zusammenarbeit widersprechen hingegen dem Modell "Bürgerpolitik statt Parteibuchpolitik". Die Bürgerliste tritt zu den Kommunalwahlen 2011 an, um dieses Modell mehrheitsfähig zu machen.

Abschnitt B:

Das Sachprogramm

Für diese Schwerpunkte wollen wir uns im neuen Rat stark machen:

1. Arbeit und Wirtschaft

Wir wollen eine Wirtschaftspolitik, die neue Arbeitsplätze im umweltfreundlichen, produzierenden Gewerbe schafft und die bestehenden zukunftsträchtigen Strukturen weiterentwickelt und ausbaut:

  • Massiver Einsatz aller politischen Kräfte zur sofortigen Abschaffung des ungerechten und Goslar benachteiligenden "Fördergefälles" in Richtung Sachsen-Anhalt. Die Beispiele der Abwanderung von Käse-Loose (Vienenburg), der Pharmazie-Produktion Dr. Milan Pesic (Bad Harzburg) und jetzt der Teilabwanderung von JL Goslar mit der Lotproduktion zeigen, dass in der Lösung dieser Problematik der entscheidende Schlüssel liegt, um in Goslar und im Landkreis überhaupt noch Arbeitsplätze sichern und neu schaffen zu können.
  • Intensivierung der interkommunalen Zusammenarbeit mit den benachbarten Städten und Gemeinden in der Wirtschafts- und Ansiedlungspolitik. Um die Nachteile des "Fördergefälles" zumindest teilweise abzumildern, ist die Abstimmung mit den Nachbarkommunen in einem neuen Anlauf partnerschaftlich zu organisieren. Nur auf diesem Wege wird es überhaupt möglich sein, neue Entwicklungspotenziale (z.B. Entwicklung des Altlasten-Standortes "Kaltes Feld", Vernetzung touristischer Leuchtturmprojekte) zu nutzen.
  • Aktive Förderung des Ausbaus des Energie Campus und weiterer zukunftsweisender Wirtschaftsbereiche. In kürzester Zeit ist deutlich geworden, dass sich das Energieforschungszentrum Niedersachsen (EFZN) und die daraus hervorgegangenen Ausgründungen zu einem Job-Motor für Goslar entwickelt haben, der die Arbeitsplatzverluste in der Industrie (Genthe, Odermark, HC Starck) mittelfristig zumindest teilweise kompensieren kann und zu einer geringeren Abhängigkeit von der konjunkturabhängigen Industrie beiträgt. Der zunehmend wichtiger werdende Wirtschaftssektor der Informationstechnologie bedarf einer verstärkten und besseren Beratung über Förderungsmöglichkeiten für Neugründer durch die städtische Wirtschaftsförderung. Die steigende Bedeutung des Internet-Handels sollte zu stärkeren Bemühungen seitens der Stadt führen, verkehrstechnisch günstige Standorte für Logistik-Unternehmen anzubieten.
  • Bestandspflege zur Sicherung bestehender Arbeitsplätze. Die "aufsuchende Wirtschaftsförderung" hat sich in der Vergangenheit bewährt und soll weiter ausgebaut und intensiviert werden. Der Wirtschaftsausschuss muss wieder viel häufiger als in der vergangenen Wahlperiode Betriebsbesichtigungen durchführen, um wichtige Signale aus der Wirtschaft zeitnah zu erhalten und bei seiner Arbeit berücksichtigen zu können. Ein besonderes Augenmerk bei der Bestandspflege muss auf die Sicherstellung und den weiteren Ausbau schneller Datennetze gelegt werden, die für die Standortentwicklung immer wichtiger werden.
  • Verstärkte Nutzung des in der Region vorhandenen Wissens über Altlasten aus Bergbau und Hüttenwesen und verstärkte Bemühungen zum Ausbau der Kreislaufwirtschaft. Nachdem die Chancen, Goslar zum Kompetenzzentrum für die Sanierung hoch belasteter Standorte auszubauen nur unzureichend umgesetzt wurden, muss in Zeiten steigender Rohstoffpreise das Augenmerk verstärkt auf das Recyceln von Altlasten gelegt werden (z.B. Schwermetalle und Schwerspat aus den Absitzbecken auf dem Bollrich, Gewinnung von Blei und Kunststoffen aus der Aufarbeitung der Kunststoffhalde der Betriebsdeponie Oker). Das Beispiel der Firma Elektrocycling auf dem Hüttengelände zeigt, dass in diesem Sektor in erheblichem Umfang Arbeitsplätze geschaffen werden können, wenn die Rahmenbedingungen stimmen (z.B. Unterbindung illegaler Exporte von Elektronikschrott in Entwicklungsländer).
  • Stärkung der bestehenden Handelsplätze im Zentrum und der Nahversorgung in den Goslarer Stadtteilen. Die gravierenden Fehler von SPD, CDU, FDP, Grünen und Linken in der Stadtentwicklungspolitik haben dazu geführt, dass immer mehr Großmärkte auf der "grünen Wiese" entstanden sind und qualifizierte Arbeitsplätze im Facheinzelhandel vernichtet wurden. Diese Entwicklung kann nur durch einen konsequenten Verzicht auf die Ausweisung neuer Einzelhandelsflächen vor den Toren der Stadt oder an der Peripherie entgegengewirkt werden. Zugleich sind die innerstädtischen Angebote an die Kunden attraktiver zu gestalten (z.B. durch Betreuungsangebote für Kinder während des Einkaufsbummels der Eltern).
  • Weiterentwicklung der touristischen Angebote ohne die Zerstörung der Grundlagen des Tourismus. Die touristischen Potenziale in Goslar und Hahnenklee liegen in der Qualität der Natur- und Kulturlandschaft und im "Weltkulturerbe Erzbergwerk Rammelsberg, Altstadt Goslar und Oberharzer Wasserwirtschaft". Darauf aufbauend gilt es, die Angebote an die Gäste verträglich weiterzuentwickeln (z.B. Bau einer Ferienhaussiedlung und aktivere Vermarktung des Oberharzer Wasserregals in Hahnenklee; Ausbau städtetouristischer Angebote und des Tagungssektors in der Kernstadt). Infrastrukturellen Negativentwicklungen in der örtlichen Versorgung, wie sie in Hahnenklee erkennbar sind, muss verstärkt mit stadtentwicklungspolitischen Mitteln entgegengewirkt werden. Sporttouristische oder besucherintensive Angebote sind dort zu bündeln, wo bereits eine Vorbelastung der Landschaft vorliegt und eine entsprechende Infrastruktur vorhanden ist (z.B. Bocksberg, Fliegerhorst).

2. Finanzen

Wir wollen eine Finanzpolitik, die mit dem von den Bürgerinnen und Bürgern erwirtschafteten städtischen Vermögen verantwortungsvoll umgeht und die Betroffenen an den Entscheidungen beteiligt:

  • Bei allen Entscheidungen des Landes- und Bundesgesetzgebers ist auf die strikte Einhaltung des Konnexitätsprinzips ("Wer die Musik bestellt, bezahlt sie auch!") zu achten, was selbstverständlich auch auf Entscheidungen der Vergangenheit anzuwenden ist. Die bundesweite Krise der kommunalen Finanzen ist in den meisten Fällen - so auch in Goslar - nicht hausgemacht sondern direkte Folge der "Selbstbedienungsmentalität" von Bund und Land, die ständig neue Aufgaben nach unten übertragen, ohne die dafür notwendigen Finanzmittel zur Verfügung zu stellen. Zugleich schränken Bund und Land die Steuererhebungsmöglichkeiten der Kommunen ein und sorgen durch ihre Entscheidungen für verminderte kommunale Steuereinnahmen (z.B. durch Sen-kung des Spitzensteuersatzes, Steuervergünstigungen für "Finanzheuschrecken", vergünstige Mehrwertsteuersätze für Übernachtungen). An diesen Entscheidungen sind CDU/FDP-Regierungen ebenso beteiligt wie rot/grüne Koalitionen. Die Parteipolitiker im Rat verschweigen diese Zusammenhänge, weil sie sonst ihre eigenen Parteien kritisieren müssten. Die Bürgerliste hat es sich daher zum Ziel gesetzt, die tatsächlichen Hintergründe der Finanzkrise immer wieder zu verdeutlichen und publik zu machen.
  • Die städtische Haushaltspolitik ist transparenter zu gestalten und die Bürgerinnen und Bürger sind an Entscheidungen direkt zu beteiligen (Bürgerhaushalt). Die Ratsparteien haben in der Vergangenheit viel Zeit darauf verwendet, ihr Haushaltsgebaren zu verschleiern und die Betroffenen über die tatsächliche finanzielle Situation der Stadt im Ungewissen zu lassen. Die übereilte und völlig unvorbereitete Umstellung des Haushaltswesen von der Kameralistik auf die Doppik hat diese Tendenz noch verstärkt. Der fehlende Blick fürs Ganze ist Ursache für einen immer stärkeren Lobbyismus von einzelnen Interessengruppen, die städtische Zuschüsse beziehen. Es gilt das Prinzip: "Wer am lautesten schreit, bekommt sein Geld! Wer schweigt, geht leer aus!" Dieses Prinzip der Entsolidarisierung kann nur durchbrochen werden, wenn alle Bürgerinnen und Bürger die grundlegenden Daten des städtischen Haushalts in allgemein verständlicher Form einsehen können. Die Homepage der Stadt wäre eine Möglichkeit dafür, die aber nur unzureichend genutzt wird. In anderen Kommunen gibt es positive Erfahrungen mit so genannten "Bürgerhaushalten", bei denen bestimmte Entscheidungsbefugnisse vom Rat auf die Bürger zurück übertragen werden. Die Bürgerliste hat die Umsetzung dieser Möglichkeiten wiederholt angemahnt und wird dies auch im neuen Rat tun.
  • Auswirkungen von Ratsentscheidungen auf die kommunale Wertschöpfungskette sind im Vorfeld zu benennen und zu berücksichtigen. Selbst weit reichende Ratsentscheidungen werden hinsichtlich ihrer mittel- und langfristigen Auswirkungen auf die kommunalen Finanzen - und damit auf das Vermögen der Bürgerinnen und Bürger - nicht hinreichend untersucht. Es gibt klare Hinweise darauf, dass der Refinanzierung städtischer Vorleistungen ("return of investment") in der Vergangenheit überhaupt keine Aufmerksamkeit gewidmet wurde. So lag Goslar im Jahre 2009 in einem Vergleich ähnlicher niedersächsischer Städte mit deutlichem Abstand an letzter Stelle bei den Gewerbesteuereinnahmen pro Kopf. Allein mit der Wirtschaftskrise ist dies nicht zu erklären, weil diese alle Kommunen traf. Dies ist vielmehr ein Indiz dafür, dass die Wertschöpfungskette in Goslar nicht geschlossen ist und dass es zu einem starken Abfluss von hier erwirtschafteten Geldern in andere Regionen kommt (hoher Anteil an nicht produzierendem Einzelhandel, Autohäuser, privatisierte Ver- und Entsorgung, privatisiertes Gesundheitswesen). Stabile Kommunen sind hingegen bemüht, die gesamte Wertschöpfungskette in der eigenen Stadt oder zumindest der eigenen Region zu schließen. Inwieweit hier der Ansatz der lokalen Agenda 21 zur Einführung von Regiogeld Erfolg versprechend ist, sollte konstruktiv weiter diskutiert werden. In diesen Bereich gehört auch eine Verstärkung der städtischen Bemühungen, die Harz Minerals GmbH zu einer Verlegung des Firmensitzes nach Goslar zu bewegen, bevor eventuelle weitere Erzlager erschlossen werden.
  • Keine Veräußerung von kommunalem Vermögen zu Gunsten kurzfristiger Entlastungseffekte im städtischen Haushalt. Der Verkauf des so genannten städtischen Tafelsilbers durch SPD, CDU und FDP mit teilweiser Unterstützung der Grünen und Linken ist ein Irrweg. Die Einnahmen aus derartigen Transaktionen (z.B. Verkauf Wasserwerk an NKW, Verkauf NKW an die Harz Energie, Teilprivatisierung der Stadtentwässerung) führen zwar zu kurzfristigen Haushaltsentlastungen. Ein leichtfertiges Ausgabeverhalten in den jeweiligen Folgejahren führt jedoch regelmäßig zum Verzehr dieser zusätzlichen Einnahmen. Bezahlen müssen dies die Gebührenzahler in der Stadt, da der Rat dann keinerlei Einfluss mehr auf eine wirtschaftlichere und kostengünstigere Aufgabenerledigung hat. Vor diesem Hintergrund ist auch der immer wieder in die Debatte gebrachte Verkauf der Stadtforst strikt abzulehnen. Der Rekommunalisierung bestimmter Bereiche steht die Bürgerliste offen gegenüber.
  • Das Handeln bereits privatisierter städtischer Gesellschaften ist transparenter und öffentlich zu machen. Hierzu ist es zwingend notwendig, ein Beteiligungsmanagement für alle städtischen Beteiligungen einzurichten, das auch auf eine wirtschaftlichere Aufgabenerledigung unter Nutzung von Synergieeffekten hinwirkt. SPD, CDU und FDP verhindern dies seit vielen Jahren. Der Eigenbetrieb ist anderen, nicht öffentlich beratenden und entscheidenden Betriebsformen (z.B. Anstalt öffentlichen Rechts, Gesellschaft mit beschränkter Haftung) in jedem Fall vorzuziehen.
  • Nettoneuverschuldung nur für rentierliche Investitionen im Konsens mit den Bürgerinnen und Bürgern. Trotz der katastrophalen Haushaltslage der Stadt scheuen sich die Ratsparteien nicht, ihre prestigeträchtigen und für Goslar überdimensionierten Lieblingsprojekte weiter zu verfolgen. So sollen weitere Millionenbeträge in den Straßen der Fußgängerzone "verpflastert" werden, obwohl die Finanzierung der Gesamtmaßnahme nach Zuschusskürzungen überhaupt nicht mehr gesichert ist. Für den fünftklassigen Profifußball des GSC setzte die Ratsmehrheit einen städtischen Investitionszuschuss von einer viertel Million Euro durch. Belastbare Wirtschaftlichkeitsberechnung wie sie bei privaten Unternehmen vor Investitionsentscheidungen tägliches Geschäft sind, sucht man bei städtischen Investitionen nach wie vor vergeblich. Schließlich ist es nicht das eigene Geld, dass man schlimmstenfalls "verbrennt" sondern das der Bürgerinnen und Bürger. Im Interesse einer vertretbaren, nachhaltigen Haushaltspolitik sind in der derzeitigen Finanzlage nur Investitionen vertretbar, die sich kurz- oder mittelfristig rentieren und die in der Einwohnerschaft mitgetragen werden. Dies gilt umso mehr, wenn es im Rahmen der Haushaltssanierungsmaßnahmen auch noch zur Einführung einer Straßenausbaubeitragssatzung kommen sollte.
  • Haushaltssanierungsmaßnahmen nur mit den Bürgerinnen und Bürgern. Die Ratsmehrheit hat in den vergangenen Jahren wiederholt so genannte Zielvereinbarungen zur Haushaltssanierung mit dem Land abgeschlossen. Im Rahmen dieser Bedarfszuweisungsverfahren muss sich die Kommune verpflichten, den Zuwendungsbetrag, den sie erhält, noch einmal in gleicher Höhe einzusparen. Dies wird nach zahlreichen Kürzungsrunden im Haushalt von Mal zu Mal schwieriger. Statt eine umfassende Produktkritik zu beginnen und mit den Bürgerinnen und Bürgern zu diskutieren, welche städtischen Leistungen man zurückfahren oder streichen könnte, geht die Ratsmehrheit den einfacheren Weg, in dem sie so genannte freiwillige Leistungen an Vereine, Verbände und Einrichtungen pauschal kürzt und ebenso pauschal die Steuersätze erhöht. Die Bürgerliste ist hingegen der Auffassung, dass strukturiertes Sparen nur mit den Menschen in dieser Stadt gemeinsam umzusetzen ist. Dazu gehören alle städtischen Leistungen auf den Prüfstand und in den Diskussionsprozess. Von oben verordnete Kürzungsrunden lehnen wir hingegen strikt ab (z.B. im Rahmen eines nicht öffentlich ausgehandelten Zukunftsvertrages mit dem Land).

3. Stadtentwicklung, Umwelt und Natur

Wir wollen eine Stadtentwicklungspolitik, die der demographischen Entwicklung Rechnung trägt und künftigen Generationen eine lebenswerte Natur und Umwelt hinterlässt:

  • Festlegung von verbindlichen Entwicklungskorridoren für Gewerbe, Wohnen und Biotopvernetzung in einem neuen Flächennutzungsplan gemäß den Wertigkeiten des Landschaftsplanes unter Einbeziehung des Sachverstandes der Umweltverbände. Das integrierte Stadtentwicklungskonzept (ISEK) von 2011 ist entsprechend anzupassen. Widersprüche (z.B. der zusätzliche Flächenbedarf trotz sinkender Einwohnerzahlen) sind dabei zu bereinigen. Die Sanierung im Bestand, die Baulückenerschließung und die Revitalisierung von Gewerbe- und Industriebrachen sowie bislang militärisch genutzten Flächen (z.B. Fliegerhorst) haben dabei Vorrang vor einer Neuausweisung von Baugebieten. Dabei ist aber darauf zu achten, dass im Rahmen einer geordneten Stadtentwicklung innerstädtische Grünzüge in ihren Funktionen erhalten bleiben (z.B. Grünanlage Stadtgarten).
  • Keine Ausweisung von Bauland auf Flächen, die für Naturschutz und Landschaftsbild oder für den Wasserschutz von Bedeutung sind. Dazu zählen z.B. Bergwiesen, Ruderalflächen oder Biotope seltener Arten, die auch mit ausreichend bemessenen Abstandflächen und Pufferzonen dauerhaft zu sichern sind. Die Planungen für eine Bebauung von Königsberg (Ferienhaussiedlung) und Steinberg (Hotelneubau) werden daher strikt abgelehnt. Die Aufstellungsbeschlüsse sind aufzuheben. Der Dreiklang "Stadt-Wiesen-Wald" verträgt keinerlei weitere Eingriffe und ist dauerhaft von Bebauung frei zu halten.
  • Nachhaltige Entwicklung des Weltkulturerbes. Die baulichen Entwicklungen innerhalb der Grenzen des Weltkulturerbes und der Pufferzone müssen mit den Zielsetzungen des Welterbes vereinbar sein. Dass dies in der täglichen Praxis anders aussieht, belegt das "Schwarzbuch Weltkulturerbe 2010" der Kulturinitiative, das zahlreiche Mängel im Umgang mit der historischen Bausubstanz in der Altstadt auflistet. Die Hinweise sind konstruktiv und zeitnah abzuarbeiten. Vor allem bei Neubaumaßnahmen ist darauf zu achten, dass sich diese Baukörper hinsichtlich Größe und Gestaltung in das kleinteilige Stadtbild einfügen. Die Bebauung historisch bedeutsamer Freiflächen (z.B. Wallanlagen, Gelände des ehemaligen Doms) ist abzulehnen.
  • Festschreibung von hohen Standards für Bebauungspläne. Dies gilt sowohl hinsichtlich des Umweltschutzes (z.B. Energiekennzahlen für Gebäude, verdichtete Bauweise, Regenwasserbewirtschaftung, ÖPNV-Anschluss) als auch des Naturschutzes (z.B. innere Durchgrünung mit heimischen Arten, Grünzüge als Biotopvernetzung, offene Wasserführungen für Regen- und Oberflä-chenwasser).
  • An industrielle und gewerbliche Neuanlagen sind höchste Anforderungen hinsichtlich der Emissionen zu stellen. Müllverbrennungsanlagen sind aufgrund der nicht steuerbaren Entwicklung schädlicher Verbindungen beim Verbrennungsprozess aus Vorsorgegründen an jedem Standort abzulehnen. Für Holzheizkraftwerke sind verbesserte Filtertechniken ebenso zwingend vorzuschreiben wie eine transparente Emissionsüberwachung ("Gläserner Schornstein").
  • Ablehnung der Auswüchse industrieller Landwirtschaft und Förderung des ökologischen Landbaus. Massentierhaltung, die Ausbringung gentechnisch veränderter Pflanzen und die Verdrängung des Nahrungspflanzenanbaus durch den Anbau von Pflanzen für die Energieproduktion werden konsequent abgelehnt. Bei Neuabschlüssen der städtischen Pachtverträge sind Angebote zur Umstellung auf den kontrolliert ökologischen Anbau zu bevorzugen. Neue Pachtverträge sind außerdem zur Festsetzung ökologisch höherwertiger Standards (z.B. Wegerandbegrünung, Biotopvernetzung) zu nutzen.
  • Die Privatisierung oder der Verkauf der Stadtforst sind abzulehnen. Stattdessen ist der Forstbetrieb ökologisch und ökonomisch zu optimieren, wobei ein besonderes Augenmerk auf dem Umbau der Stadtforst zu einem stabilen Waldökosystem mit heimischen Mischwaldvorkommen liegen muss. Die weitere Einbringung von nicht heimischen Gehölzen (z.B. der Douglasie) muss umgehend und nachhaltig unterbunden werden. Vorhandene Exotenbestände sind im Rahmen der Durchforstungsmaßnahmen zu beseitigen. Der Wildbestand ist durch städtische Regiejagden auf ein Maß zu reduzieren, das eine Naturverjüngung mit Laubholz ohne Gatterbau möglich macht. Die Äsungsmöglichkeiten für das Wild sind deutlich zu verbessern. Die Ruhezonen für Wild und Natur sind durch Reduzierung der Wegedichte auszudehnen.

4. Verkehr

Wir wollen eine Verkehrspolitik, welche die Interessen der Wohnbevölkerung und Gäste in den Mittelpunkt stellt und Goslar attraktiv an die großen Zentren Niedersachsen anbindet:

  • In Wohngebieten muss die Wohnqualität Vorrang haben. Die Bürgerliste setzt sich daher für den weiteren Ausbau von Tempo-30-Zonen in Wohngebieten ein und unterstützt Maßnahmen zur Verbesserung des Anwohnerparkens und der Lärmminderung, wo immer dies möglich ist. Die Öffnung der Fußgängerzone für den Kfz-Verkehr wird abgelehnt.
  • Erhalt und Optimierung des Stadtbusverkehrs. Dem Stadtbusverkehr kommt gerade in Zeiten des demographischen Wandels und einer zunehmend älter werdenden Bevölkerung eine zentrale Rolle bei der Sicherstellung der Mobilität zu. Eine immer wieder diskutierte Privatisierung des Busbetriebes wird von der Bürgerliste abgelehnt. Stattdessen setzen wir uns für eine fortlaufende Optimierung des Busangebotes unter Einbeziehung der Betroffenen (Fahrgastbeirat) ein. Die Benachteiligung Hahnenklees bei der Tarifzoneneinstufung durch die Verbundtarifpartner im ZGB muss endlich beseitigt werden. Bei einer fortgesetzten Benachteiligung der Goslarer Interessen muss auch ein Austritt aus dem Tarifverbund ins Auge gefasst werden.
  • Stärkung des regionalen Busangebotes durch bessere touristische Auslastung. Die Bemühungen um die Einführung eines harzweiten Gästekartensystems für den ÖPNV ("HATIX") sind im Interesse einer besseren Vermarktung der gesamten Harzregion und einer Stabilisierung des bestehenden Busangebotes in einem offenen und vorurteilsfreien Dialog zu unterstützen. Die kostenlose Nutzung von Busangeboten in Urlaubsregionen wird von einer stetig steigenden Zahl von Gästen als Selbstverständlichkeit vorausgesetzt. Entsprechende Angebote dienen auch der besseren Auslastung touristischer Attraktionen, den Mobilitätsbedürfnissen der Kreiseinwohnerschaft und der interkommunalen Zusammenarbeit in der gesamten Harzregion.
  • Goslar muss für Bahnreisende wieder attraktiver werden. Den fortgesetzten Versuchen des Nahverkehrsträgers Zweckverband Großraum Braunschweig (ZGB), die für Goslar überaus wichtigen Streckenverbindungen nach Hannover, Göttingen, Halle und Braunschweig weiter auszudünnen, muss in engen Kooperation mit den übrigen betroffenen Städten und Gemeinden in der Region mit Entschiedenheit entgegengetreten werden. Die Verantwortlichkeit der vom Landkreis Goslar in die Verbandsversammlung entsandten Mitglieder für die Fehlentscheidungen dieses Gremiums sind deutlich zu machen. Zu einem für die Nutzer attraktiven Bahnverkehr gehört auch der Einsatz zuverlässiger und geräumiger Züge. Die jüngsten Bestrebungen des ZGB, auf der auch für den Tourismus wichtigen Verbindung nach Hannover störanfällige Triebwagen mit geringen Raumkapazitäten einzusetzen, sind daher strikt abzulehnen. Die im Bereich Bahnverkehr aktiven Verbände und Initiativen (z.B. der Verkehrsclub Deutschland, die Initiative "Höchste Eisenbahn für den Nordharz" und der Fahrgastverband Pro Bahn) sind im Vorfeld der jeweiligen Abstimmungsgespräche zum Fahrplan zur Beratung und Festlegung gemeinsamer Strategien in die Fachgremien zu laden.
  • Kein zusätzlicher Neubau von Straßen im Stadtgebiet - aber Optimierung und Umbau des bestehenden Netzes. Die demographische Entwicklung erfordert auch hinsichtlich des Straßennetzes ein Umdenken. Zusätzliche Straßen sind nicht notwendig. Dies gilt auch für die wiederholt in die Diskussion eingebrachte Ideen für eine nördliche Umgehungsstraße für Goslar. Stattdessen ist das bestehenden Straßennetz so zu optimieren, dass Unterhaltungs- und Folgekosten deutlich reduziert werden. Hierzu zählen der Rückbau von teuren Ampelanlagen zugunsten effektiver Kreisverkehre sowie die Reduzierung von Straßenquerschnitte und Ausbaustandards. Das Radwegenetz ist im Hinblick auf die Sicherheit der Nutzer bei stärkerer Frequentierung und höheren Geschwindigkeiten (z.B. E-Bikes) einer kritischen Überprüfung zu unterziehen. Hierbei ist in den Fachausschüssen auch auf die Kompetenz der zuständigen Vereine und Verbände (z.B. ADFC, VCD) zurückzugreifen.

5. Soziales und Generationengerechtigkeit

Wir wollen eine Sozialpolitik, die Goslar für alle Bevölkerungsgruppen lebenswert macht und die demographische Herausforderung konstruktiv aufgreift:

  • Goslar muss für junge Familien attraktiv bleiben. Auch bei sinkenden Einwohnerzahlen muss ein besonderer Schwerpunkt auf die Förderung junger Familien gelegt werden. Ein möglichst breit gefächertes Angebot an Betreuungsmöglichkeiten für Kinder steht dabei ebenso im Mittelpunkt wie attraktive Bildungseinrichtungen, Ausbildungsplätze und Freizeitangebote für Jugendliche. Hierbei ist auch für die einzelnen Stadtteile eine dem Bedarf angemessene Versorgung sicherzustellen.
  • Demographische Entwicklung positiv gestalten! Die Möglichkeiten, die Lebenserfahrung der zahlenmäßig immer größer werdenden Gruppe der "jungen Alten" für die Gesellschaft zu erschließen, müssen gerade in Goslar deutlich verbessert werden. Hierzu zählen attraktive Angebote für ehrenamtliches Engagement ebenso wie gezielte Weiterbildungsmöglichkeiten. Ein besonderes Augenmerk ist auch auf die generationsübergreifenden Angebote zu legen (z.B. in der Förderung von so genannten Generationshäusern). Der Ausbau einer altersgerechten Infrastruktur (z.B. Möglichkeiten für Senioren-Wohngemeinschaften) und die Qualitätssteigerung von Betreuungs- und Freizeitangeboten (selbstbestimmtes Wohnen in vertrauter Umgebung) schaffen außerdem zusätzliche Arbeitsplätze in diesem Bereich und eröffnen für jüngere Menschen eine Zukunftsperspektive in unserer Stadt.
  • Integration ernst nehmen! In einer schrumpfenden Gesellschaft sind wir auf jeden Einzelnen angewiesen. Es liegt daher im gesellschaftlichen Interesse, die Integration der hier lebenden ausländischen Mitbürger zu verbessern. Aktive Unterstützung beim Erlernen der deutschen Sprache und die beständige Verbesserung der Möglichkeiten zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sind dabei die vordringlichen Aufgaben. Die Kompetenz der vor Ort aktiven Gruppen (z.B. des Vereins "Leben in der Fremde") ist dabei durch eine regelmäßige Einbeziehung in den Diskussionsprozess zu nutzen.
  • Sicherstellung einer konstruktiven, sachgerechten und diskriminierungsfreien Gleichstellungsarbeit. Durch den Versuch der zwischenzeitlich vom Rat abberufenen Gleichstellungsbeauftragten, unsere Stadt zum Schauplatz eines selbst initiierten Geschlechterkampfes zu machen und die jahrelang bewährte Netzwerkarbeit vor Ort zu sabotieren, ist die städtische Gleichstellungsarbeit diskreditiert und stark beschädigt worden. Wir setzen uns daher für die unverzügliche Neubesetzung einer hauptamtlichen Stelle ein, um die wichtige Arbeit wieder in konstruktive Bahnen zu lenken. Die Notwendigkeit für eine Frauenförderung ist in Goslar nach wie vor gegeben, da noch immer nicht von einer echten Chancengleichheit in Beruf und Privatleben ausgegangen werden kann. Frauen in städtischen Führungspositionen zählen immer noch zur Minderheit; in den kommunalen Entscheidungsgremien sind sie unterrepräsentiert. Wir unterstützen daher den Appell der Initiative "Gute Gleichstellungsarbeit in Goslar" für eine diskriminierungsfreie Gleichstellungsarbeit als Grundlage für eine Reorganisation dieses Bereiches. In Zukunft ist sicherzustellen, dass Gleichstellungsbeauftragte und Ratsgremien enger zusammenarbeiten.
  • Unterstützung von Initiativen, Verbänden und Selbsthilfegruppen. Ohne das ehrenamtliche Engagement vieler Bürgerinnen und Bürger in unserer Stadt würden die sozialen und gesellschaftlichen Probleme noch viel deutlicher zu Tage treten. Die Bürgerliste sieht es daher als vordringliche Aufgabe an, diese ehrenamtlichen Strukturen zu stabilisieren und zu stärken. Haushaltsansätze in diesem Bereich sehen wir nicht als "freiwillige Leistungen" sondern als Verpflichtung mit dem positiven Nebeneffekt, steigende Kosten im Sozialetat im Vorfeld zu vermeiden.
  • Förderung des Schul- und Breitensports. Sportliche Betätigung ist für eine große Zahl von Bürgerinnen und Bürgern eine unverzichtbare Freizeitbetätigung. Wir sehen es als wichtige Aufgabe, das breit gefächerte Angebot in Goslar zu erhalten und im Rahmen der zur Verfügung stehenden Finanzmittel auszubauen. Dabei sind auch Möglichkeiten für eine vereinsunabhängige sportliche Betätigung zu berücksichtigen. Der Schwerpunkt des Einsatzes städtischer Mittel liegt dabei auf der Förderung des Schul- und Breitensports. Die von der Ratsmehrheit durchgesetzte finanzielle Unterstützung des Profifußballs beim GSC wird von uns strikt abgelehnt.

6. Kultur

Wir wollen eine Kulturpolitik, die Goslar für unsere Gäste, Bürgerinnen und Bürger attraktiv macht:

  • Kultur ist keine Verfügungsmasse für die Haushaltssanierung. In Zeiten leerer Kassen sind es auch in Goslar die kulturellen Angebote, die zuerst von Kürzungen betroffen sind. Attraktive kulturelle Angebote sind aber nicht nur für die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger von Bedeutung sondern auch für die Gäste unserer Stadt. Die Bürgerliste setzt sich daher für ein breit gefächertes kulturelles Angebot ein, das sich aber trotzdem am Markt behaupten muss und professionell zu vermarkten ist. Die institutionelle Förderung durch den städtischen Haushalt darf nicht zum Automatismus werden sondern ist an die Erfüllung klarer Zielvorgaben zu koppeln. Die kulturelle Außendarstellung der Stadt ist zu verbessern und das Event-Management darf nicht nur der Goslarer Marketinggesellschaft überlassen bleiben.
  • "Entstaubung" des städtischen Kulturangebotes. Die städtische Kulturförderung setzt seit Jahrzehnten nahezu ausschließlich auf die klassischen Kulturformen (Museen, Kunstausstellungen, klassische Musik, klassisches Theater). Dabei bleiben aktuelle Kunst- und Kulturformen, die Jugendliche und junge Familien ansprechen, meist auf der Strecke oder privaten Initiativen überlassen. In dieses Bild passt z.B. die Streichung der Open-Air-Konzerte auf der Pfalzwiese oder der Phantastischen Pfalz). In Zusammenarbeit mit interessierten Gruppen sollte daher ein neuer Anlauf unternommen werden, neben den gut angelaufenen Musical-Produktionen im Odeon auch andere Kulturformen in Goslar anzubieten (z.B. Video-Kunst, Kino- und Filmkunst, Techno/House-, Hip-Hop- und Rock-/Pop-Konzerte).
  • "Mittelalter-Boom" attraktiver vermarkten. Das Interesse der Menschen am Mittelalter und an Fantasy-Literatur ist ungebrochen. Zahlreiche andere Orte mit historischen Stätten nutzen dies gezielt, um die Besucherzahlen durch entsprechende, regelmäßige Angebote zu steigern. Diese Potenziale werden in Goslar nur ungenügend genutzt. Der Hansemarkt und der gescheiterte Versuch, auf dem Blauen Haufen ein mittelalterliches Feldlager zu etablieren, reichen nicht aus. Es sollte ein neuer Anlauf unternommen werden, entsprechende Angebote zielgerichtet zu entwickeln. Ein historischer Markttag in der Oberstadt mit regionalen Produkten (z.B. auf dem Frankenberger Plan) oder Ritterspiele auf der Pfalzwiese könnten hier erste Ansätze sein.
  • Kulturelle Einrichtungen erhalten und ausbauen. Die Museen, die Stadtbücherei, das Stadtarchiv, das Odeon-Theater und die historischen Stätten mit Besucherverkehr sind zu erhalten, auszubauen und attraktiver und effektiver zu vermarkten. Die Möglichkeiten der dauerhaften finanziellen Absicherung durch eine Kulturstiftung sind weiter zu untersuchen. Die Besichtigungsangebote sind sinnvoll zu erweitern (z.B. Wall- und Befestigungsanlagen, historisch bedeutsame Kelleranlagen). Bedeutsame Gartenanlagen (z.B. Ulrichscher Garten) und alte Wegeverbindungen (z.B. Fenstermäkerstraße) sind aufzuwerten und zugängig zu machen. Ein besonderer Schwerpunkt muss dabei auf die Unterstadt gelegt werden, die derzeit ein "Schattendasein" fristet.